Selbstannahme

Der Selbstwert ist der Wert, den sich eine Person selbst zuschreibt. Dieser Wert kann hoch oder niedrig, eher positiv oder eher negativ sein. Ein intakter Selbstwert gilt als wesentlicher Indikator für psychische Gesundheit und (Lebens-) Zufriedenheit. Ein intakter, gesunder Selbstwert meint eine allgemeine Wertschätzung für die eigene Person, die aber auch Selbstkritik zulässt, ohne sich dabei als Person abzuwerten: „Ich mag mich so, wie ich bin – auch mit meinen Schwächen und Fehlern.“

 

Allerdings werden wir nicht mit Selbstliebe geboren, sondern müssen sie uns im Laufe unseres Lebens erwerben. Wenn dies nur ungenügend geschieht, sind wir auch nur eingeschränkt zur Liebe zu anderen. Oft – besonders als Christen – erlegen wir uns dann die Liebe wie eine Pflicht auf, die aber nicht authentisch ist. Wer Christ ist, hat nicht automatisch ein positives Selbstbild – aber allen Grund dazu! Nirgends sind Würde und Wert des Menschen tiefer verankert als in den ersten Zeilen der Bibel: „Gott schuf also den Menschen als sein Abbild; als Abbild Gottes schuf er ihn. Als Mann und Frau schuf er sie.“ (Gen 1,27). Wer sich über seinen eigenen persönlichen Wert Gedanken macht, findet hier Antworten, die tragen.

 

Wenn Jesus darüber spricht, wie Menschen leben sollen, dann redet er in erster Linie nicht von religiösen Riten oder Dogmen. Er spricht in erster Linie von der Beziehung zu Gott, zu den Mitmenschen und zu sich selbst. „Liebe deinen Nächsten wie dich selbst!“ (vgl Mk 12,31) Jesus setzt Selbstliebe voraus, um den Nächsten lieben zu können. Leider wird Selbstliebe und ein gesundes Selbstbewusstsein fälschlicherweise oft als Egoismus oder mangelnde Demut ausgelegt. In Wahrheit verhält es sich jedoch genau umgekehrt: nur wer um seinen Wert weiß, muss sie nicht ständig unter Beweis stellen und muss seinen Wert nicht an bestimmten Positionen oder Äußerlichkeiten festmachen – und kann bei Bedarf auch einmal zurücktreten.

 

Selbstliebe ist Voraussetzung und Maßstab für das Verhalten zu unserem Nächsten. Nicht, weil wir uns selbst zu sehr lieben, sind wir unfähig unseren Nächsten zu lieben, sondern weil wir uns selbst nicht genug lieben und annehmen, fällt es uns schwer, unseren Nächsten zu lieben und anzunehmen.

 

„An der Wurzel von allem liegt der Akt, durch den ich mich selbst annehme. Ich soll damit einverstanden sein, der zu sein, der ich bin. Einverstanden, die Eigenschaften zu haben, die ich habe. Einverstanden, in den Grenzen zu stehen, die mir gezogen sind… Die Klarheit und Tapferkeit dieser Annahme bildet die Grundlage alles Existierens.“ (Romano Guardini, aus „Die Annahme meiner Selbst“)

 
 

Vorträge zum Thema:

 

Selbstannahme

Zwischen Selbstwert und Selbstzweifel: Wenn meine Krone verrutscht …

Perfektionismus als Falle

Selbstfindung in einer herausfordernden Zeit

Meditation: Selbstannahme